2. Sonntag nach Epiphanias, 17.01.2021

Im Evangelium nach Johannes heißt es im Kapitel 2:
Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt. Auch die Mutter von Jesus nahm daran teil. Jesus und seine Jünger waren ebenfalls zur Hochzeitsfeier eingeladen. Während des Festes ging der Wein aus. Da sagte die Mutter von Jesus zu ihm: »Sie haben keinen Wein mehr!« Jesus antwortete ihr: »Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.« Doch seine Mutter sagte zu den Dienern: »Tut alles, was er euch sagt!« Dort gab es auch sechs große Wasserkrüge aus Stein. Die Juden benötigten sie, um sich zu reinigen. Jeder Krug fasste zwei bis drei Eimer. Jesus sagte zu den Dienern: »Füllt die Krüge mit Wasser.« Die füllten sie bis zum Rand. Dann sagte er zu ihnen: »Schöpft jetzt etwas heraus und bringt es dem Festmeister.« Sie brachten es ihm. Als der Festmeister einen Schluck davon trank, war das Wasser zu Wein geworden. Er wusste natürlich nicht, woher der Wein kam. Aber die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wussten Bescheid. Da rief der Festmeister den Bräutigam zu sich und sagte zu ihm: »Jeder andere schenkt zuerst den guten Wein aus. Und wenn die Gäste dann angetrunken sind, folgt der weniger gute. Du hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.« Das war das erste Zeichen. Jesus vollbrachte es in Kana in Galiläa. Er machte damit seine Herrlichkeit sichtbar und seine Jünger glaubten an ihn.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

kennt Ihr das Bärtierchen?
Nein, es ist keine neue Figur beim Sandmann. Das Bärtierchen gibt es wirklich. Allerdings ist es sehr klein, weniger als 1 mm groß. Absolut erstaunlich ist, wo es überall leben kann: Im Salzwasser und im Süßwasser. Es ist in der Tiefsee anzutreffen, genauso auf dem Himalaya. Für 10 Jahre kann es eingefroren oder in den Weltraum transportiert werden – es überlebt. Ein Wunder der Schöpfung, ein klitzekleines, längst nicht so stattliches wie ein Elefant oder ein Blauwal. Ein winziges Wunder, leicht zu übersehen.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Wunder, von dem Johannes berichtet. Für uns alle gleich sichtbar ist das imposante Weinwunder: Aus 500 l Wasser wird köstlicher Wein. Aber das eigentliche Wunder ist viel kleiner, unscheinbarer. Alles beginnt damit, dass auf der Hochzeitsfeier das wichtigste Getränk ausgeht. Das darf einfach nicht passieren! Ein richtig schlimmer Fehler! Der schönste Tag im Leben droht im Fiasko zu enden. Und gleich stehen die anklagenden Fragen im Raum: Hat der Caterer schlecht kalkuliert? Hat das Brautpaar die Übersicht über die Menge der Gäste verloren? Schnell beginnen alle, den oder die Schuldige/n auszumachen: Wer hat etwas versäumt, verplant, vergessen? In der Regel fragen wir so und geben auch ganz gerne gleich die Antwort dazu: Die Lehrer/innen sind schuld, wenn es in der Schule nicht funktioniert. Herr Spahn ist schuld, wenn der Impfstoff nicht ausreicht. Gott ist schuld, wenn die Menschen auf Erden sich endlos bekriegen.

Jesus sucht nicht nach den Schuldigen. Genau damit beginnt das Wunder: Dass hier einer nicht mit dem Finger auf den/die Andere/n zeigt. Jesus sucht einen Ausweg, um das schöne Fest zu retten. Sein Blick fällt auf die Krüge mit Wasser – Haushaltsgegenstände, Alltägliches. Er nimmt, was gerade da ist und wirkt damit ein Wunder. Das ist oft so bei ihm: Wunder beginnen mit dem, was er zur Verfügung hat: Ein freundliches Wort, eine sanfte Berührung, ein Stück hartes Brot. Es ist nicht viel. Es ist unscheinbar. Aber das Wunder beginnt. Das Fest muss nicht abgebrochen werden. Das Leben geht weiter.

Ich schaue in den trüben Januarhimmel. Meine Gedanken sind genauso grau. Die Pandemie und was damit zusammenhängt an Belastungen, Streit und Einschränkungen stiehlt alle Farbe aus unserem Leben. Ich seufze in mich hinein: Ein Wunder täte jetzt gut. Und dann stutze ich: Habe ich das winzige Wunderbruchstück eventuell übersehen, wie das Bärtierchen? Das kleine Licht, das Hoffnung macht?

Vielleicht.

Um das Bärtierchen sehen zu können, brauchen wir ein Mikroskop. Vielleicht brauchen wir auch so eine Art Mikroskop, um die schimmernden Stücke des Wunders in dieser Zeit wahrzunehmen. Das Wunder, das uns aufrichtet. Das Wunder, das unser Leben ein Fest sein lässt.

1. Stern über Bethlehem, zeig uns den Weg, führ uns zur Krippe hin, zeig, wo sie steht, leuchte du uns voran, bis wir dort sind, Stern über Bethlehem, führ uns zum Kind!

2. Stern über Bethlehem, nun bleibst du stehn und lässt uns alle das Wunder hier sehn, das da geschehen, was niemand gedacht, Stern über Bethlehem, in dieser Nacht.

3. Stern über Bethlehem, wir sind am Ziel, denn dieser arme Stall birgt doch so viel! Du hast uns hergeführt, wir danken dir. Stern über Bethlehem, wir bleiben hier!

4. Stern über Bethlehem, kehrn wir zurück, steht noch dein heller Schein in unserm Blick, und was uns froh gemacht, teilen wir aus, Stern über Bethlehem, schein auch zu Haus!


Begleitung unter: https://www.youtube.com/watch?v=ACO5U_RJrEc

Guter Gott, an deine Kraft, Wunder zu wirken, glaube ich.

Wunden in meinem Leben sehe und spüre ich. Ich denke an die Heranwachsenden, die auf längere Sicht das Leid der Pandemie ausbaden müssen. Ich denke an die, die in den Krankenhäusern für unser aller Wohl bis zur Erschöpfung arbeiten. Ich denke an die Altgewordenen, die ihre Einsamkeit nicht mehr aushalten. Wirk ein Wunder unter uns! Amen.