Einkehr am I. Advent, 28.11.2021

Herzlich willkommen in der Adventszeit!

1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit, ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich, der Heil und Leben mit sich bringt; derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Gelobet sei mein Gott, mein Schöpfer reich von Rat.

2. Er ist gerecht, ein Helfer wert; Sanftmütigkeit ist sein Gefährt, ein Königskron ist Heiligkeit, sein Zepter ist Barmherzigkeit; all unsre Not zum End er bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Gelobet sei mein Gott, mein Heiland groß von Tat.

3. O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat. Wohl allen Herzen insgemein, da dieser König ziehet ein. Er ist die rechte Freudensonn, bringt mit sich lauter Freud und Wonn. Gelobet sei mein Gott, mein Tröster früh und spat.

Psalm 24
Die Erde ist des HERRN und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Denn er hat ihn über den Meeren gegründet
und über den Wassern bereitet.
Wer darf auf des HERRN Berg gehen,
und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte?
Wer unschuldige Hände hat
und reinen Herzens ist,
wer nicht bedacht ist auf Lug und Trug
und nicht falsche Eide schwört:
der wird den Segen vom HERRN empfangen
und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles.
Das ist das Geschlecht, das nach ihm fragt,
das da sucht dein Antlitz, Gott Jakobs. 
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre einziehe!
Wer ist der König der Ehre?
Es ist der HERR, stark und mächtig,
der HERR, mächtig im Streit.
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre einziehe!
Wer ist der König der Ehre?
Es ist der HERR Zebaoth; er ist der König der Ehre. 

G: Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

4. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, eu’r Herz zum Tempel zubereit’. Die Zweiglein der Gottseligkeit steckt auf mit Andacht, Lust und Freud; so kommt der König auch zu euch, ja, Heil und Leben mit zugleich. Gelobet sei mein Gott, voll Rat, voll Tat, voll Gnad.

5. Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit deiner Gnade ein; dein Freundlichkeit auch uns erschein. Dein Heilger Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit. Dem Namen dein, o Herr, sei ewig Preis und Ehr.

Evangelium aus Lukas 19:
Und als Jesus das gesagt hatte, ging er voran und zog hinauf nach Jerusalem. Und es begab sich, als er nahe von Betfage und Betanien an den Berg kam, der Ölberg heißt, da sandte er zwei Jünger und sprach: Geht hin in das Dorf, das vor uns liegt. Und wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat; bindet es los und bringt’s her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann sagt: Der Herr bedarf seiner. Und die er gesandt hatte, gingen hin und fanden’s, wie er ihnen gesagt hatte. Als sie aber das Füllen losbanden, sprachen seine Herren zu ihnen: Warum bindet ihr das Füllen los? Sie aber sprachen: Der Herr bedarf seiner. Und sie brachten’s zu Jesus und warfen ihre Kleider auf das Füllen und setzten Jesus darauf. Als er nun hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf den Weg. Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe! Und einige Pharisäer in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht!
Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.

Gebet:
Jesus Christus,
komm! Komm: damit wir dich sehen können, damit unsere Fragen eine Antwort finden.
Komm heute in unser Beten und Reden und Schweigen, damit wir frei werden von unseren dunklen Gedanken und von unserer Herzenshärte.

Komm und nimm uns mit auf deinen Weg, in deine Spur, in dein Leben und Sterben, in deinen Tod und deine Auferstehung. Dein Licht zünde in uns an und lass es uns weitertragen in die Wirrnis unserer Zeit! Amen.


Sr. Ruth Meili CCR, Communität Casteller Ring

Liebe Schwestern und Brüder,

bei einem Gespräch am Telefon erschreckt mich eine Frau mit der Frage: „Haben Sie schon für Advent geschmückt?“ Erst einmal muss ich mich sortieren und will dann gleich das Antwortprogramm abspulen:
„Jetzt doch aber noch nicht!“ Obwohl, warum nicht schon, wie ganz früher, zu Sankt Martin am 11.11. mit dem Schmücken beginnen?
Oder: „Ich habe überhaupt keine Lust zu schmücken, in diesem Jahr.“ Die Zahlen, die Entwicklungen, die Entgleisungen in unserem Land frustrieren und scheinen jeden Hoffnungsschimmer zu ersticken.
Bevor ich reagieren kann, beantwortet sie selbst die Frage: „Ich schmücke nicht.“ Aha, denke ich, bestimmt aus Resignation über die nicht enden wollende Corona-Krise. „Ich schmücke nicht; denn das staubt ja sowieso nur ein.“

Damit hatte ich jetzt gar nicht gerechnet. Irgendetwas stammle ich über „Ich liebe Advent.“, aber die Begründung meiner Gesprächspartnerin lässt mich nicht mehr los, auch als ich das Telefonat schon beendet habe. In Gedanken spiele ich durch, was ich der Frau, die so pragmatisch an die schönste Zeit des Jahres herangeht, raten könnte. Und sofort verlängern sich meine Überlegungen ins schier Unendliche: Was bringt uns den Advent, seine wundervolle Botschaft vor Augen, uns Erschöpften, uns Enttäuschten, uns Entnervten? Dabei pelle ich eine Apfelsine. Das lässt mich nicht unbedingt ruhiger werden; denn die Schale löst sich nur schwer vom saftigen Fruchtfleisch, und die weißen Fusseln (Wie heißen die eigentlich?) muss ich geduldig abfisseln. Aber der Duft entschädigt für allen Aufwand: Ein Duft, der hunderte von wohligen Bildern in meinem Kopf hervorruft. Und da fallen mir die Tomaten von den Augen: „Apfelsine!“, denke ich, „Ich hätte der Frau zur Apfelsine raten sollen. Die gibt’s in fast jedem Haushalt, auf jeden Fall in jedem Supermarkt in Hülle und Fülle. Und die Apfelsine ist ein hübscher Schmuck und erzählt ein bisschen etwas über die Adventszeit.“
Die Apfelsine ist etwas für Geduldige. Der Advent auch. Die Sache mit den 24 Türchen zeigt das Problem: Heilig Abend steht nicht schneller vor der Tür, wenn ich die 24 Türchen mit einem Mal aufpople. Das Gras wächst nicht schneller, wenn ich daran ziehe. Unsere Geduld ist oft schnell erschöpft: An der Kassenschlange. Beim Autofahren. Im Dezember 2021 sowieso und lange schon. Es ist eine schwierige Übung, aber vielleicht hilft sie mir in diesem Advent, in dem ich gerne wieder alles so gefeiert hätte, wie ich es mag. Ganz geduldig die Apfelsine Stück für Stück pellen und sagen: Es muss nicht schnell gehen, der saftige Kern wartet auf mich. Weihnachten kommt. Gott kommt. Gott wartet auf mich.

Geduldig pellen, dann ist die orangefarbene Frucht endlich schalenlos, und ihr Duft weckt schöne Bilder, und der süße Geschmack erfreut das Herz, und der Saft stärkt die Abwehrkräfte.
Eigentlich müsste ich die Frau doch noch einmal anrufen und sagen: „Ich hab ne Adventsdeko für Sie, die passt auch richtig gut zu dieser anstrengenden Zeit: Apfelsine. Und wenn Advent vorbei ist, müssen Sie sie nicht mal wegräumen – sie essen sie einfach auf.“

Also, dieses Jahr lege ich mir auf jeden Fall im Advent eine Apfelsine auf den Schreibtisch. Und lege einen Zettel daneben mit dem Satz von Paulus, für Advent und für Ungeduldige:
Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.

Bleibt fröhlich, geduldig, beharrlich,

Rahel Charlotte Mielke